FC Bayern – BVB  – die Historie zum „Clásico“-Duell

Bayern - BVB 1971 11-1

 

Am Samstagabend ist es wieder soweit: Der deutsche Rekordmeister trifft am 28. Bundesliga-Spieltag auf seinen Dauerrivalen des letzten Vierteljahrhunderts Borussia Dortmund. War in den letzten sechs Jahren die Bundesliga zu diesem Zeitpunkt schon mehr oder weniger klar zugunsten der Bayern entschieden, reist jedoch in diesem Jahr der BVB als Tabellenführer mit einem 2-Punkte-Vorsprung nach München. Es geht in diesem Duell definitiv um eine (Vor-)Entscheidung im Meisterduell 2018/19. Gewinnt der BVB, ist ihm die neunte Deutsche Meisterschaft wohl nicht mehr zu nehmen, gewinnen die Bayern, sind sie im Saisonfinale in der „psychologischen Pole Position“. Die spannende Frage vor dem großen Duell ist ebenfalls, wie die Bayern den gestrigen Pokal-Krimi gegen Heidenheim physisch wie psychisch verarbeiten werden, aber auch, ob das Glück den „Dusel-Dortmundern“ im direkten Duell einmal mehr in dieser Saison Pate stehen wird.

Seit der FC Bayern im Juni 1965 in die Bundesliga aufgestiegen war, hatte der Rekordmeister immer periodisch Rivalen, die auf Augenhöhe mit den Münchnern um die Meisterschaften kämpften – Borussia Mönchengladbach, der HSV, Kaiserslautern, Werder Bremen seien hier vor allem zu nennen. Aber noch nie gab es einen Verein, der solange mit den Bayern um die Vorherrschaft im deutschen Fußball kämpfte wie der BVB. Neu im Duell mit dem stärksten Rivalen in der Bundesliga ist, dass dieses nun seit Jahren auch, wenn nicht sogar vor allem, im DFB-Pokal ausgetragen wird. Dieses Szenario gab es mit den anderen genannten Vereinen nie. Seit der Saison 2011/12 traf man sieben Mal im Pokal aufeinander, dreimal davon im Finale, zweimal im Halbfinale – dass die Bilanz dabei nur 4:3 zugunsten der Bayern lautet, deutet auch darauf hin, dass die Borussia im direkten Duell immer in der Lage war, die Bayern zu fordern, obwohl der Punktrückstand in der Bundesliga in den letzten sechs Jahren doch meist enorm war.

Bayern-BVB DFB Pokal

Der BVB war auch der einzige deutsche Kontrahent des FCB in der Champions League, mit dem man sich auf Augenhöhe duellierte. Über Wembley 2013 muss man nicht viele Worte verlieren und in der Saison 1997/98 schied der amtierende Deutsche Meister FC Bayern im Viertelfinale in der Verlängerung beim amtierenden CL-Sieger Borussia Dortmund aus.

In Vergessenheit geraten ist dagegen, dass sich die beiden aktuellen Dauerrivalen vorher fast ein Jahrhundert „leistungsmäßig“ fast schon aus dem Weg gegangen sind. Während der FC Bayern mit seiner Gründung am 27. Februar 1900 sofort die Vorherrschaft im Münchner Fußball übernahm, schnell zu einer regionalen (bayerischen bzw. süddeutschen) Größe aufstieg und nach einigen gescheiterten Versuchen 1932 erstmals Deutscher Fußballmeister wurde, dümpelte der BVB nach seiner Gründung 1909 fast vier Jahrzehnte in einer gewissen Bedeutungslosigkeit dahin. Im Ruhrpott war der heutige Erzrivale Schalke 04 die absolute Nummer 1, viele Dortmunder waren in jener Phase sogar Schalke-Fans bzw. -Bewunderer. Dieses „Aschenputtel-Dasein“ des BVB änderte sich mit einer Partie schlagartig: Am 18. Mai 1947 schlugen die Borussen erstmals die zuvor übermächtigen Knappen mit 3:2 und wurden – heute würde man sagen „sensationell“ – Westfalenmeister. Ein Sieg, der dem Verein, der Stadt und den Fans offensichtlich sehr viel Selbstvertrauen einimpfte: Seit diesem Triumph mischte der BVB im deutschen Fußball mit! 1956 und 1957 gewann er die ersten beiden seiner insgesamt acht Deutschen Meisterschaften und stieg 1963 als amtierender Meister in die neu gegründete Bundesliga ein.

Die Bayern dagegen, die unter ihrem Präsidenten Kurt Landauer 1932 auf dem Weg zur Vormacht im deutschen Fußball, aber auch aufgrund der für damals sehr modernen Strukturen zu einer europäischen Größe waren, brauchten sehr lange, bis sie sich von den „Schwächungen“ im Dritten Reich erholt hatten. In der Oberliga Süd (1945-1963) waren sie zwar in 10 von 18 Jahren die Nummer 1 in München, insgesamt aber weit vom dominierenden Club aus Nürnberg abgehängt. 1955 stieg der FCB zudem zum einzigen Mal in seiner Vereinshistorie ab. Auf den sofortigen Wiederaufstieg 1956 folgte nur ein Jahr später der erste DFB-Pokalsieg. Aber 1963 zählte man – nennen wir es aus „sportpolitischen Gründen“ – nicht zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga.

Als die Bayern 1965 in die Bundesliga aufstiegen, waren die Dortmunder eine renommierte Spitzenmannschaft im deutschen Fußball und so verwunderte es nicht, dass die Bayern das allererste Aufeinandertreffen gegen den BVB am 16. Oktober 1965 zuhause im Grünwalder Stadion mit 0:2 verloren. Am Saisonende war Dortmund hauchdünn vor den Bayern Vizemeister – beide Vereine hatten in jener Saison durchaus die Möglichkeiten, den Münchner Löwen den einzigen Meistertitel in deren Vereinsgeschichte streitig zu machen. Der BVB wurde zudem 1966 erster deutscher Europapokalsieger (der Pokalsieger) und der FC Bayern gewann als Bundesliga-Neuling sofort den DFB-Pokal.

Ab der Saison 1966/67 ging die Entwicklung der beiden Vereine in grundsätzlich verschiedene Richtungen: Die Bayern gewannen am 17. Dezember 1966 erstmals gegen den BVB mit 1:0 und am Ende der Saison den DFB- und den Europapokal der Pokalsieger und standen damit am Anfang ihrer – vor allem international – erfolgreichsten Ära. Der BVB dagegen stieg nach der Saison 1971/72 in die Regionalliga (damals 2. Liga) ab. Unvergessen aus jener Saison: Der 11:1-Sieg der Bayern am 27. November 1971: Gerd Müller (4), Uli Hoeneß, Franz Roth (je 2), Franz Beckenbauer, Paul Breitner und Willi Hoffmann zerlegten vor 17.000 Zuschauern im Grünwalder Stadion den BVB in alle Einzelteile – bis heute der höchste Bundesligasieg des FC Bayern.

Während die Bayern von 1972-74 ihren ersten Titel-Hattrick in der Bundesliga holten und von 1974-76 dreimal in Folge den Europapokal der Landesmeister holten, benötigte der BVB vier Jahre um sich einigermaßen zu erholen und 1976 wieder in die Bundesliga zurückzukehren. Aber erst in der Saison 1994/95 konnte man wieder – unter Mithilfe der Bayern am letzten Spieltag, die den Tabellenführer Bremen mit 3:1 schlugen – Deutscher Meister werden. Die Bayern waren zu dem Zeitpunkt längst Deutscher Rekordmeister!

BVB

Ein paar Zahlen: Insgesamt gab es seit 1965 115 Pflichtspiele zwischen den beiden Vereinen, 54 davon gewann der FCB, 30 der BVB, bei 31 Unentschieden. Torverhältnis 219:144 für Bayern.

Heimbilanz Bayern: 59 Spiele – 36 S / 12 U / 11 N  – 136:58 Tore

Bundesliga-Gesamt-Bilanz aus FCB-Sicht: 99 Spiele – 45 S / 29 U / 25 N – 190:122 Tore

BL-Heimbilanz Bayern: 49 Spiele – 30 S / 10 U / 9 N – 121:51 Tore.

Nach ein paar zuvor etwas „schwierigen Jahren“ gewann der FCB seine letzten drei BL-Heimspiele gegen den BVB mit 5:1, 4:1 und im letzten April wurden die Borussen gar mit einem 6:0 aus der Allianz Arena geblasen.

Tipp für Samstag: Treten die Bayern konzentriert und in guter Form (wie bei den letzten Heimspielen vor der Länderspielpause) auf und kann der BVB sich dieses Mal nicht wieder auf sein fast schon unverschämtes Glück der letzten Wochen verlassen, werden die Bayern die Tabellenführung, die sie am letzten Samstag in Freiburg fahrlässig abgeben mussten, wieder zurückerobern. Und die Entscheidung um die Deutsche Meisterschaft könnte dann in dieser Saison tatsächlich erst am 34. Spieltag fallen.

FCB_BVB

 

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